Ich war etwa 66 Zentimeter kleiner als jetzt, als ich zum ersten Mal an der Hand meines Vaters eine Videothek betrat. Das war der Beginn eines nicht endenden Sturzes in den Kaninchenbau. Der erste Film, der mir dort begegnete, gleich rechts im Regal neben der Tür, war “Der kleine Eisbär”. Im Februar traf ich ihn überraschend nach 20 Jahren in der Videothek ums Eck wieder.
FILME UND SERIEN
Der kleine Eisbär
(Die Originalserie aus “Die Sendung mit der Maus, 1992-1996)
Ich weiß noch genau, dass diese - damals noch - Videokassette nach jedem Videothekbesuch mit uns nach Hause fuhr. Und trotzdem erinnere ich mich nicht an eine einzige Folge. Als wäre meine gesamte Kindheit die reinste Illusion. Bei Folge 21 habe ich die Suche nach einer Erinnerung aufgegeben und stattdessen neue Erinnerungen angelegt. Dieses Mal vor allem mit den Abdrücken der getuschten Finger des Trickfilmers, die Lars als wilder Schatten begleiten und anderen wunderbar von Hand gemachten Effekten.
Rachel Carson - Die Mutter der Ökologie von arte
Vielleicht haben wir Rachel Carson die Welt zu verdanken. Sie hat die Sünde zu Schweigen, wenn Unrecht geschieht, nicht begangen. Mit ihrem Buch “Der stumme Frühling” hat sie sich mit Worten gegen die großen Chemiekonzerne gestellt. Sie hat die Sprache der Wissenschaft in eine Sprache übersetzt, die das Unterbewusstsein berührt und Menschen bewegt – Poesie. Auch die Reportage nutzt die Macht von Rachel Carsons eigenen Worten. Die “Lesungen” aus dem Briefwechsel zwischen ihr und ihrer engsten Freundin werden von zauberartig animierten Illustrationen begleitet und machen deutlich, mit welcher Hingabe sie für diesen Planeten gekämpft hat.
“Ich glaube niemand kann sich so richtig vorstellen wie ein kreativer Schriftsteller arbeitet oder welche Nahrung seine Seele braucht. Was ich sicher weiß, ist, dass ich jemanden an meiner Seite brauche, der mich als Person treu umsorgt und der in der Lage ist, die manchmal erdrückende Last des kreativen Schaffens indirekt mit mir zu teilen - und vor allem zu verstehen.“
Rachel Carson in einem Brief an Dorothy Freeman
“Die erdrückende Last des kreativen Schaffens” - Rachel Carson, Illustration Elisabeth Deim
BÜCHER UND MAGAZINE
Nachwendekinder von Johannes Nichelmann
Man merkt, dass Herr Nichelmann eigentlich Audio-Features schreibt. Das ganze Buch liest sich wie ein Transkript. Ich weiß nicht, ob es an dieser monotonen Schreibweise liegt oder an seinen Interviewpartnern: aber das, was erzählt wird, erscheint banal, nahezu langweilig. Für mich bestätigt das, dass die These um das “Drama” der Nachwendekinder eher eines der vielen “Mimimis” dieser Generation ist. Auch ich bin trotz Vorwendegeburtstag ein Nachwendekind. Viel mehr scheine ich mit den interviewten Nachwendekindern jedoch nicht gemeinsam zu haben. Und obwohl mich das Buch in keinster Weise überzeugt hat: in meiner Familie frage ich seitdem öfters “Wie war das damals?”.
Grafikmagazin (Ausgabe 5-2021)
Bin ich froh, dass ich dieses Exemplar auf dem Schreibtisch einer Kollegin entdeckt habe und mit nach Hause nehmen durfte! Ein Magazin für knapp 20 Euro hätte ich blind nämlich niemals gekauft. Fazit: Es ist jeden der vielen Cents wert, die vermutlich zu einem beachtlichen Teil durch die extrem hochwertige Papierauswahl und Verarbeitung zustande kommen. Neben dem guten Gefühl zwischen den Fingern und einer Sammlung von Meinungen verschiedener Gestalter über die Bedeutung freier Arbeiten, freue ich mich besonders über die Entdeckung des Illustrators Bernard Chadebec. 40 Jahre lang arbeitete er als Grafikdesigner für das französische Forschungsinstitut INRS und entwarf dort insgesamt 300 Sicherheitsplakate mit wortwörtlich mächtig gewaltigen Illustrationen zur Prävention von Arbeitsunfällen.